Rheinland-Pfalz Am Flughafen Hahn tickt die Uhr

Die EU-Kommission mit Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wird entscheiden, ob Rheinland-Pfalz den Hunsrück-Flughafen noch
Die EU-Kommission mit Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wird entscheiden, ob Rheinland-Pfalz den Hunsrück-Flughafen noch bis 2024 subventionieren darf. Nach Angaben aus ihrem Umfeld rechnete das Mainzer Innenministerium schon mit einer Antwort, als der Antrag in Brüssel noch gar nicht vollständig vorlag.

Die Meldungen über den Hahn-Verkauf an den chinesischen Konzern HNA sind schon vier Monate alt, aber noch immer gehört er dem Land. Alles hängt jetzt von der EU-Kommission ab.

«MAINZ/LAUTZENHAUSEN.»Das Land hat beantragt, bis zum Jahr 2024 den Flughafen mit weiteren 75 Millionen Euro Subventionen für Investitionen, Betriebskosten und Sicherheitsdienste unterstützen zu dürfen. Nach dieser Übergangszeit muss der Flughafen Hahn ebenso wie alle anderen Regionalflughäfen wirtschaftlich ohne staatliche Beihilfe auskommen. Es gibt Anzeichen, dass die EU-Kommission tatsächlich bald eine Entscheidung trifft. Das für den Flughafen zuständige Innenministerium von Roger Lewentz (SPD) erwartete zunächst schon Anfang Juni eine Antwort aus Brüssel. Aber zu dieser Zeit lag der Beihilfe-Antrag noch gar nicht vollständig vor, wie die RHEINPFALZ aus dem Umfeld von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erfahren hat. Inzwischen seien die Unterlagen komplett, es solle zügig geprüft und entschieden werden, heißt es hinter den Kulissen in Brüssel. In drei Tagen? In einer Woche? Einem Monat? Festlegen lässt sich die Kommission nicht. Auf Anfrage teilt eine Sprecherin nur mit, die Kommission „stehe in Kontakt mit den deutschen Behörden“. Die Zeit läuft: Zwar haben die chinesischen Käufer inzwischen selbst die Geschäftsführung des mit hohen Verlusten arbeitenden Flughafens übernommen und so ihr Interesse nachdrücklich bekundet, aber der Kaufvertrag ist zunächst nur bis September bindend. Auf einem Notaranderkonto liegen 15,1 Millionen Euro bereit, die HNA für den Flughafen zahlen will – zusätzlich zu 75 Millionen Euro Investitionen. Mit der Hinterlegung hat das Land eine Lehre aus dem ersten Verkaufsversuch gezogen. 2016 ging der Zuschlag zunächst an die Shanghai Yiquin Trading Ltd Co (SYT), hinter der sich weder zahlungskräftige noch seriöse Gesellschafter verbargen. Das Land und die Beratungsgesellschaft KPMG ließen sich blenden, unter anderem von gefälschten Bankauszügen. Die Mainzer Ampelregierung aus SPD, FDP und Grünen geriet unter Druck, Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) überstand jedoch ein Misstrauensvotum. Im neuen Anlauf wurde genauer hingeschaut, außerdem schaffte es die pfälzisch-chinesische ADC GmbH, an deren Spitze damals der Ex-Wirtschaftsstaatssekretär und Sinologe Siegfried Englert (SPD) stand, HNA als Mitbieter zu gewinnen. In China ist der Logistik- und Tourismuskonzern eine bedeutende Größe im Wirtschaftsleben, im Ausland geht er auf Einkaufstour. Zuletzt verleibte er sich zum Beispiel Anteile der Deutschen Bank ein. Wie hoch die staatliche Verflechtung von HNA ist, ist unbekannt. Am Ende des Verfahrens spaltete sich die Bietergemeinschaft auf: HNA zeichnete für den 82,5-prozentigen Anteil von Rheinland-Pfalz, ADC sollte den kleineren hessischen Anteil übernehmen. Das Unternehmen hat bereits einige Liegenschaften am Hahn für 1,2 Millionen Euro gekauft. Aber ein sehr kurzfristiger Gesellschafterwechsel ließ die Hessen vor dem Notartermin zurückschrecken. Noch ist unklar, wie es weitergeht. Das Nachbarland kommt ohnehin nicht für Verluste aus dem operativen Geschäft auf. Diese wurden zuletzt auf 1,5 Millionen Euro im Monat beziffert. Das Geschäftsjahr 2016 schloss die Flughafen Hahn GmbH mit einem Fehlbetrag von 14 Millionen Euro ab, 3,4 Millionen weniger als ein Jahr zuvor. Das Land half um die Jahreswende mit einem Notkredit aus, den HNA begleichen soll. Wie schnell Hexin Wang, Präsident der HNA Airport Group und neuer Chef am Hunsrückflughafen, die wirtschaftliche Lage drehen kann, ist ungewiss. Anfang des Monats folgte er dem bisherigen Geschäftsführer Markus Bunk. Ihm zur Seite stellte das Land Hubert Heimann, Ex-Chef des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB). Mit der „Entwicklungsgesellschaft Hahn“ sollte Heimann dem Flughafen schon einmal einen attraktiveren Auftritt verschaffen – mit einigen wenigen Erfolge. Das Gelände erinnert immer noch an den Militärflughafen, aus manchen Gebäuden wachsen jetzt Bäume. Im ersten Halbjahr 2017 wurden am Hahn 49.000 Tonnen Fracht umgeschlagen, ein Plus von 50 Prozent. 1,8 Millionen Passagiere nutzten den Flughafen, das sind fünf Prozent weniger als im Vorjahr. Die Billigfluglinie Ryanair, deren Verbleib unter chinesischer Regie offen ist, macht sich selbst Konkurrenz und hebt inzwischen sogar in Frankfurt am Main ab. Was HNA genau vorhat, ist öffentlich nicht bekannt. Aus China sollen drei Passagierflüge und drei Frachtflüge pro Woche kommen. Das würde den Betrieb noch nicht in die Gewinnzone führen, wäre aber ein Anfang. Woher die streng reglementierten Flugrechte kommen sollen, ist noch offen.

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