Rheinland-Pfalz „Als Minister ist mein Gehör besonders gut geschult“

Bei der Deutschen Gockelkrähmeisterschaft am Sonntag im südpfälzischen Göcklingen tritt ab 14 Uhr nicht etwa das Federvieh an. Vielmehr werden Kinder und Erwachsene auf höchstem Niveau gackern und stolzieren. Teilnehmer aus Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und der Pfalz scharren schon aufgeregt mit den Füßen. Über die Qualität ihrer Darbietungen wird eine Jury befinden, in der auch der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) vertreten ist. Remmel gilt als Politiker, der sich bei aller Ernsthaftigkeit seiner Anliegen auch den Humor bewahrt hat. Jürgen Müller hat ihn befragt.

Warum sind Sie eigentlich „nur“ als Jury-Mitglied und nicht als Wettkämpfer in Göcklingen dabei? Und was qualifiziert Sie als Juror?

Als Teilnehmer am Wettbewerb sehe ich mich noch nicht ausreichend gerüstet, meine Stimmbänder würden keinen guten Gockel abgeben. Mein Gehör allerdings und meine Beobachtungsgabe sind als Minister besonders gut geschult, deshalb hat es mich sehr gefreut, als Juror dabei sein zu dürfen. Besonders gespannt bin ich auf die Kategorien „Krähen und Stolzieren“ bei den Männern und „Gackern und Glucksen“ bei den Frauen. Wie wird man als nordrhein-westfälischer Umweltminister Jury-Mitglied in Göcklingen? Ist der Besuch in der Pfalz für Sie eine Premiere? In besonders positiver Erinnerung sind mir die persönlichen Begegnungen mit den Winzern aus Göcklingen auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin geblieben. Dort wurde ich auch zur Gockelkrähmeisterschaft eingeladen. So einen Wunsch konnte ich natürlich nicht abschlagen. Der Besuch in Göcklingen und diesem Teil der Südlichen Weinstraße ist für mich eine Premiere. Ein guter Bekannter allerdings kommt gebürtig aus der Pfalz, und auch mein Heimatort Siegen liegt ja direkt an der Landesgrenze zum Bundesland Rheinland-Pfalz. Das Thema Hühner begleitet Sie seit längerem in Ihrer politischen Arbeit. Bundesweit haben Sie mit Ihrem Einsatz gegen das Töten männlicher Küken für Schlagzeilen gesorgt. Was haben Sie da bisher erreicht? Wir machen uns in NRW dafür stark, den Tierschutz in der Nutztierhaltung zu verbessern, und wollen deshalb ein gesetzliches Verbot des Tötens von Tieren ohne vernünftigen Grund erreichen. Es darf nicht sein, dass aus rein wirtschaftlichen Gründen jedes Jahr 50 Millionen Eintagsküken ohne triftigen Grund vergast und geschreddert werden, nur um die Gewinnspanne bei den Unternehmen zu erhöhen. Tiere sind keine Abfallprodukte. Erst am Dienstag hat das nordrhein-westfälische Landeskabinett eine Bundesratsinitiative beschlossen, mit der das Bundestierschutzgesetz geändert werden soll. Da sich die Bundesregierung ihrer Verantwortung entzieht, werden wir noch vor der Sommerpause den entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen, um das Tierschutzgesetz zu ändern. Das ist notwendig, denn das Verwaltungsgericht Minden hat im Februar entschieden, dass das Bundestierschutzgesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage für ein Tötungsverbot von so genannten Eintagsküken biete und daher das von den Tierschutzbehörden angeordnete Tötungsverbot in NRW in seiner jetzigen Form unzulässig sei. Wir halten dieses Urteil für falsch und haben deshalb Berufung eingelegt, um ein Grundsatzurteil für mehr Tierschutz zu erhalten. Tierschutz hat Verfassungsrang, doch dieser Fall zeigt, dass es nicht umgesetzt werden kann. Auch gegen das Kürzen von Schnäbeln in der Geflügelhaltung setzen Sie sich ein. Haben Sie einen besonderen Bezug zum Federvieh? Meine Mutter stammt von einem Bauernhof und auch ich habe als Kind sehr häufig meine Freizeit auf dem Hof meines Opas verbracht. Zu der Zeit wurden dort Hühner mit ungekürzten Schnäbeln gehalten, die zudem einen eigenen Auslauf vor dem Stall hatten. Am Ende ihrer Legezeit nahmen die Hühner dann die Rolle eines Suppenhuhns ein. Dieses Modell ist natürlich nicht übertragbar auf die professionelle Hühnerhaltung, wie wir sie heute haben. Einen ersten Schritt, das Kürzen von Schnäbeln zu verhindern, sind wir aber schon gegangen. Mit den Landwirtschaftsverbänden hier in NRW haben wir eine Vereinbarung unterzeichnet, um bis zum Jahr 2017 Wege zu finden, auf diese Praxis verzichten zu können. Noch einmal zurück zum Göcklinger Wettbewerb: Über den Klang und die Schönheit des Krähens und Gackerns gehen die Meinungen ja durchaus auseinander. Manche nervt es, frühmorgens aus dem Schlaf gerissen zu werden, andere freuen sich über den Sound glücklicher Hühner. Wie stehen Sie zu diesem akustischen Phänomen? Einer unserer Nachbarn in Siegen besitzt seit kurzem auch einen Hahn. Der macht sich vor allem morgens, aber gerne auch den restlichen Tag große Mühe, seine Kunst vorzuführen. Dafür gebührt ihm von meiner gesamten Familie große Bewunderung. Und das sieben Tage die Woche.

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