Rheinpfalz 50 Jahre „Jugend forscht“: „Die Fähigkeit, sich durchzubeißen“

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Im Jubiläumsjahr wird das Bundesfinale des Wettbewerbs „Jugend forscht“ diese Woche in Ludwigshafen veranstaltet. Aus diesem Anlass haben wir bei vier früheren Bundessiegern aus der Pfalz nachgefragt, wie ihnen der Erfolg im späteren Berufsleben geholfen hat. Zwei aktuelle Pfälzer Jungforscher, die sich für die Endrunde qualifiziert haben, erzählen von ihren Hoffnungen und Erwartungen.

Die schillerndste Figur unter den ehemaligen Bundessiegern ist die Fotojournalistin Ulla Lohmann. Sie sprüht förmlich vor Abenteuerlust und Neugier. Nächste Woche wird sich die 37-Jährige auf der Südsee-Insel Vanuatu ins Innere eines aktiven Vulkans abseilen, gefilmt von ihrem Mann, dem Drohnen-Piloten Bastian Hoffmann. Lohmann ist nur noch selten in Enkenbach-Alsenborn. Aus der Westpfälzerin ist eine Globetrotterin geworden – überall daheim und gern gesehen. Als Filmemacherin und Geografin begleitet sie Fotoexpeditionen in die Alpen, nach Australien, Papua Neuguinea und Südtirol. Ihre Bilder und Reportagen erscheinen in der Zeitschrift Geo und im National Geographic. 1996 wurde Ulla Lohmann Bundessiegerin in Geo- und Raumwissenschaften. Als Schülerin des Burggymnasiums Kaiserslautern rekonstruierte sie das Skelett eines Amphibiums, zog Rückschlüsse auf Lebensweise und Ernährung des Lurchs, der vor 280 Millionen Jahren lebte. Mit dem Preisgeld finanzierte sie eine Weltreise, die ihr den Blick öffnete für das, was sie studieren wollte. „Wenn man so einen Preis bekommt, sieht man, dass man auf dem richtigen Weg ist“, sagt sie. Das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten wachse. Sie habe gewusst, dass sie sich durchbeißen könne, wenn sie sich für ein Thema begeistere. „Drei Jahre lang habe ich an diesem Forschungsprojekt gearbeitet und alles andere zurückgestellt. Es war mein Ding, hat mich aber in der Schule zur Außenseiterin gemacht.“ Beruflich seien die Kontakte, die sie als Bundessiegerin knüpfen konnte, sehr nützlich gewesen. Auch Robert Nitzschmann sieht in „Jugend forscht“ keine Kaderschmiede für künftige Nobelpreisträger. Der 42-jährige Physiker glaubt sogar, dass eher unangepasste Typen daran teilnehmen: „Es sind weder Einser-Schüler noch geniale Wissenschaftler, sondern Leute mit Durchhaltevermögen und der Fähigkeit, sich selbst zu motivieren.“ Die meisten wüssten sehr früh, was sie wollten. Er selbst habe für den Bundessieg im Jahr 1991 als Schüler des Ludwigshafener Wilhelm-von-Humboldt-Gymnasiums eine Nobelpreisarbeit mit Kellerbastelmitteln nachgebaut. „Das fand ich einfach spannend.“ Nitzschmann entwickelte ein Raster-Tunnel-Mikroskop, mit dem er einzelne Atome sichtbar machen konnte. Dafür heimste er auch auf europäischer Ebene Preise ein. Nach Studium und Promotion arbeitete er für eine Unternehmensberatung, baute aber gleichzeitig mit einem Freund eine kleine Firma im Bereich Mikrotechnik auf. Mittlerweile hat die AMMT Frankenthal ein Kernteam von acht Mitarbeitern. „Wir bauen Geräte und Anlagen, mit denen man mikrotechnische Sensoren herstellen kann“, so Nitzschmann. Sie auszuprobieren, erfordere eine wahnsinnige Infrastruktur. „Daher machen wir unsere Tests in einem Reinraum in Berlin; die feinmechanische Werkstatt ist in der Nähe von München.“ Ein erfolgreicher Virusforscher ist Stephan Urban. Als Virologe am Zentrum für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg hat der Neustadter ein bahnbrechendes Medikament gegen Hepatitis-B entwickelt. „Jugend forscht“ bezeichnet der 53-Jährige im Nachhinein als richtungsweisend für die berufliche Zukunft. „Viele Teilnehmer erkennen frühzeitig, wo ihre Begabung liegt. Außerdem kommen Landes- und Bundessieger an interessante Stipendien.“ Urban wurde 1980 als Schüler des Leibniz-Gymnasiums Neustadt Bundessieger im Bereich Chemie. Am Beispiel Propan untersuchte er im eigenen Kellerlabor die photochemische Chlorierung von Kohlenwasserstoffen bei tiefen Temperaturen. Die Begeisterung für Chemie und Biochemie ließ ihn nicht mehr los. Er studierte in Tübingen und promovierte am Max-Planck-Institut. Als Professor leitet er am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg eine Forschungsgruppe in der Abteilung für Infektionskrankheiten und Virologie. Michael Klein erinnert sich noch genau daran, wie überrascht er war, als er 1974 als 19-Jähriger in München mit seiner Schreibmaschine für blinde Menschen Bundessieger im Bereich Technik wurde. „Andere Arbeiten waren auch exzellent und preisverdächtig“, sagt er. Schon zwei Jahre zuvor hatte Klein als Schüler des Germersheimer Gymnasiums mit einem Zugsicherungssystem einen Landessieg und mehrere Bundespreise geholt. Für seine Klartextschreibmaschine mit Braille-Tastatur interessierte sich damals der Marburger Bund. Ob seine Pläne in die heutige Technologie eingeflossen sind, weiß der 60-Jährige nicht genau. Offiziersausbildung und Physik-Studium ließen ihm nicht die Zeit, sich um ein Patent zu kümmern. Stattdessen begann er, einen eigenen Klein-Computer zu entwickeln und zu bauen. Seitdem fesselt ihn die Elektrotechnik. Mit seiner Ehefrau ging er in die USA und stieß dort auf die noch kleine Firma Apple, deren Produkte er nach Deutschland brachte. Eine Erfolgsgeschichte. Gerade hat Klein das Mannheimer Softwareunternehmen „Demand Flow GmbH“ an seinen Sohn übergeben. Er bleibt aber aktiv, um die Firma weiter voranzubringen: „Ganz aufhören will ich noch nicht.“

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