Ludwigshafen Viele Beschwerden und ein Brief an Alt

Am 3. März hat der Stadtvorstand einen Notfallplan für die Unterbringung von Flüchtlingen beschlossen. Seither ist viel passiert: Der Oggersheimer Bahnhof ist vorbereitet für 50 Asylbewerber, das Gemeinschaftshaus in der Pfingstweide muss sich doch nicht auf Flüchtlinge einstellen – vorerst. Ehrenamtliche bitten um Hilfe aus Mainz.

 In Friesenheim und Oggersheim treffen sich heute und morgen Arbeitskreise aus Ehrenamtlichen und Mitarbeitern der dortigen Kirchengemeinden, um ein Konzept für die Betreuung der erwarteten Flüchtlinge zu erarbeiten, wie die Bürgerinitiative „Respekt: Menschen!“ informiert. Ludwigshafen muss sich in diesem Jahr auf 700 weitere Asylbewerber einstellen, die der Stadt vom Land zugewiesen werden. Knapp 600 Asylbewerber leben bereits in – der Verwaltung zufolge – voll belegten Unterkünften in Rheingönheim, Mundenheim, West und Oppau. In Oggersheim werden sowohl im früheren Jugendgästehaus am Bahnhof als auch in einem Containerdorf, das bis August in der Mannheimer Straße für 3,15 Millionen Euro entstehen soll, Asylbewerber einquartiert. Der Stadtteil muss sich auf insgesamt 260 Menschen einstellen. Die Verwaltung hat für deren Betreuung noch kein Konzept. Wie sie am Donnerstag dem Oggersheimer Ortsbeirat mitteilte, sollen zwei Sozialarbeiter eingestellt werden, bevor über Konkretes nachgedacht wird. In Friesenheim soll ein städtisches Gebäude in der Luitpoldstraße bis zu 60 alleinstehende Männer aufnehmen, wie im Kontext unseres Flüchtlings-Reports (2. bis 9. März) durchgesickert ist. Die ehrenamtlichen Helfer in der Stadt haben sich wegen einer fehlenden Gesamtorganisation in einem Brief an die Mainzer Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) gewandt und um die Einrichtung einer Ludwigshafener Koordinationsstelle gebeten. Bisher liegt den Freiwilligen jedoch noch keine Antwort vor. Unterdessen erklärte die Stadtverwaltung auf Anfrage, dass in der Mundenheimer Flurstraße, einem sozialen Brennpunkt, fünf Notunterkünfte abgerissen werden sollen, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr saniert werden könnten. Die Bewohner würden in den nächsten Wochen umgesiedelt. Auf dem Gelände sollen statt der Obdachlosenwohnungen neue Unterkünfte für Asylbewerber entstehen, weil „die Einweisungszahlen im Obdach seit Jahren rückläufig“ seien. Vier Abrisshäuser „sind/waren in Teilen“ noch belegt, so die Verwaltung. „Durch eine obdachlosenrechtliche Einweisung wird weder ein Besitzstand noch ein Rechtsanspruch zum Verbleib begründet, das heißt eingewiesene Menschen können beim Vorliegen sachlicher Gründe ,umgesetzt’ werden“, erklärte dazu eine Stadtsprecherin. Die Umsetzungsverfügungen seien auf kommenden Freitag bis 6. April datiert. Dann sollen die Betroffenen in Nachbarhäuser und die Bayreuther Straße (West) umziehen. Drei betroffene Haushalte hätten private Wohnungen gefunden. Von diesen konkreten Plänen für die Flurstraße und der Anzahl der Betroffenen wusste Mundenheims Ortsvorsteherin Anke Simon (SPD) am vergangenen Freitagmorgen noch nichts. Sie sprach vielmehr von einem schrittweisen Rückbau der dortigen Häuser und längerfristigen Plänen für eine neue Nutzung des Areals. „Die Leute werden nicht auf die Straße gesetzt“, betonte Simon. Auch in Mundenheim hat sich laut Simon am Donnerstag erstmals ein Runder Tisch zum Thema Flüchtlinge getroffen. Dieser solle die bestehenden Netzwerke stärken. Die CDU im Mundenheimer Ortsbeirat ist vom Abriss der Flurstraßenhäuser überrascht: „Wir haben in der letzten Sitzung nachgefragt, ob hier weitere Unterkünfte für Asylbewerber geplant sind. Das Sozialdezernat hat darauf geantwortet, dass städtische Wohnungen in der Ebernburg- und in der Kropsburgstraße saniert werden, um dort zwölf Flüchtlingsfamilien unterzubringen. Von einem Abriss in der Flurstraße war nicht die Rede“, sagt Oppositionsführerin Wilhelma Metzler, die meint: „Die Willkommenskultur, für die wir als CDU werben, funktioniert nur, wenn offen und ehrlich kommuniziert wird.“ Apropos Kommunikation: Die ist auch für Christa Müller ausbaufähig. Die Vorsitzende des Trägervereins für das Gemeinschaftshaus Pfingstweide hat vom Notfallplan der Stadt aus der Zeitung erfahren und war nicht begeistert. Er sieht nämlich nicht nur vor, dass sich die Stadt vorsorglich mit Schlafsäcken, Feldbetten und Duschkabinen eindeckt. Er beinhaltet auch, dass Flüchtlinge, sollten sie anderswo nicht untergebracht werden können, in der Turnhalle des Kulturzentrums Das Haus in der Stadtmitte und im Gemeinschaftshaus Pfingstweide einquartiert werden. Für Müller ein Schock, weil das Veranstaltungshaus langfristig ausgebucht ist und Verträge – vor allem für Hochzeitsfeiern – längst unterschrieben sind. „Wir brauchen diese Einnahmen.“ Inzwischen, berichtet Müller, habe ihr der Sozialdezernent ausrichten lassen, dass der Betrieb zumindest vorläufig wie bisher weiterlaufen könne. Persönlich bei ihr gemeldet habe sich lediglich Feuerwehrchef Peter Friedrich, der ihr die Umstände des Katastrophenschutzplans erklärt habe, der im Notfall greift. Aus dem Rathaus heißt es dagegen, mit dem Trägerverein habe es bereits ein Gespräch gegeben. Was die angebliche Flüchtlingsflut anbetrifft, herrscht aktuell Flaute. In der Vorwoche seien der Stadt keine Flüchtlinge zugewiesen worden, auch für diese Woche würden keine erwartet, sagte eine Rathaus-Sprecherin auf Anfrage. Auf den Appell vom 7. März an private Immobilienbesitzer, freien Wohnraum für Flüchtlinge an die Stadt zu vermieten, seien vier seriöse Angebote eingegangen. Sechs hätten bereits vorgelegen. Von diesen zehn Offerten kämen für die Anmietung durch die Stadt sechs infrage. Kleiderspenden Bei den vier Kleidertreffs der Stadt kann Kleidung für Asylsuchende abgegeben werden. Diese könnten dort laut Stadt „sehr günstig qualitativ hochwertige Waren kaufen“: Bahnhofstraße 66, Mitte; Steiermarkstraße 1, Gartenstadt; Valentin-Bauer-Straße 5, West; Stefan-Zweig-Straße 7, Oggersheim. Geöffnet: Montag, 9-16.30, Mittwoch, 9-17.30, Donnerstag, 9-16.30, Freitag, 9-13 Uhr. Auch das Café Asyl in Mundenheim (Kirchplatz 3) nehme Spenden entgegen. Einwurf Besser informieren Von Christiane Vopat  Viele Ludwigshafener wollen dieser Tage an einer Willkommenskultur für die Ankunft der Flüchtlinge mitarbeiten, auf die sich die Stadt derzeit einstellen muss. Das ist gut so, denn die Frauen, Kinder und Männer aus fernen Ländern brauchen Unterstützung. Was derzeit jedoch offenbar fehlt, ist eine zentrale Koordination. Die muss dringend her, damit den Ehrenamtlichen nicht bald die Luft ausgeht. Hier ist die Verwaltung gefordert. Die muss zudem an ihrer Kommunikation arbeiten und ihre eigenen Leute früher und besser über laufende Projekte informieren.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x