Rheinpfalz Das Bauklötzchen-Prinzip

Koblenz. Vom Mittelrheintal geht es per Mausklick zum Hambacher Schloss, von dort zur Porta Nigra nach Trier. Das rheinland-pfälzische Landesamt für Vermessung und Geobasisdaten hat das ganze Bundesland digital nachgebaut. Entstanden sind 3,5 Millionen Gebäude und 20.000 Quadratkilometer Fläche. Das klingt vielversprechend. Aber es ist eine Welt mit grauen Bauklötzen geworden – aus gutem Grund.

Die Konkurrenz könnte größer nicht sein: Google Earth. Deren digitale Landschaftsarchitekten leisten großartige Arbeit. Dort sind die Satellitenaufnahmen der Pfalz inzwischen meistens gestochen scharf, hochauflösend und fotorealistisch. Der Flug über die Heimat ist mit der Fahrt in einem Heißluftballon vergleichbar. Viele Gebäude sind bis ins Detail nachgebaut. Das Hambacher Schloss erhebt sich aus dem Pfälzerwald, das Gradierbau in Bad Dürkheim lädt auch in seiner virtuellen Erscheinung zum Flanieren ein und beim Speyerer Dom sind gar die Fensterbilder zu erahnen. Das ist beste Unterhaltung. Und obendrein bietet der Dienst noch mehr: Hat der Nachbar einen Swimming Pool im Garten? Google weiß es Im Vergleich dazu kommt der „3-D-Viewer“, so heißt die neue Internetanwendung des rheinland-pfälzischen Landesamtes für Vermessung und Geobasisdaten, ein wenig langweilig daher. Die Designer haben über mehrere Jahre hinweg eine Welt erschaffen, die einem Computerspiel aus vergangenen Tagen ähnelt. 3,5 Millionen grobe, graue Bauklötzchen mit leuchtend rotem Einheitsdach stehen auf einer digitalen Fläche von 20.000 Quadratkilometern und fügen sich zu den rheinland-pfälzischen Dörfern und Städten zusammen. Fenster haben die Gebäude erst gar nicht. „Wir arbeiten mit strukturierten und verlässlichen Daten“, sagt Innenstaatssekretärin Heike Raab. Dem dreidimensionalen Rheinland-Pfalz am Bildschirm liegen die Werte der sechs Katasterämter des Landes zugrunde. Die Landschaft wurde nach den topographischen Daten digital modelliert. Das Vermessungsamt befliegt das Land dafür regelmäßig, im Jahreswechsel den nördlichen und südlichen Teil. In die virtuelle Gestaltung floss zudem ein aufwendiger Laser-Scan mit ein. Der „3-D-Viewer“ bietet ein exaktes und anonymes, weil ohne Besitzverhältnisse gekennzeichnetes, Digital-Abbild des Landes. Es soll mit einem Durchlauf von maximal zwei Jahren aktuell gehalten werden. „Der Transport der Geobasisdaten in die dritte Dimension ist ein Meilenstein“, sagt Raab, „auch in Sachen Transparenz.“ Jeder könne nun sein Grundstück online anschauen, ohne Nennung des Eigentümers natürlich. Rheinland-Pfalz sei das erste Flächenland in Deutschland, das diesen Service anbietet. Auch Raab kennt „Google Earth, das sie aber nicht als Konkurrenz sieht. Während der US-Konzern das optische Erlebnis in den Vordergrund stellt, sind es für die Innenstaatssekretärin beim „3-D-Viewer“ vor allem die Daten im Hintergrund, die den Reiz ausmachen und Nutzern vielfältige Verwendungen ermöglichen. Häuslebauer zum Beispiel können sich mit dem neuen Service die Wohnumgebung des gewünschten Bauplatzes im Vorfeld anschauen, Wanderer ihre Route inklusive der Geländeprofile vorher am Bildschirm planen und ablaufen. Für Privatleute ist der Viewer kostenlos, Unternehmen müssen für die Nutzung der Daten eine Gebühr bezahlen. Hier sieht Raab Anwendungsmöglichkeiten in der Energiewirtschaft, zum Beispiel bei der Planung von Solarfeldern. Auch Verwaltungen biete der Viewer einige Einsatzmöglichkeiten in der Stadtplanung sowie im Lärm-, Hochwasser- und Katastrophenschutz. Mit einem Regler lässt sich am Bildschirm beispielsweise der Meeresspiegel erhöhen und ein Hochwasser simulieren. Neben diesen seriösen Anwendungsgebieten hält der „3-D-Viewer“ auch ein wenig Unterhaltung bereit. Sieben virtuelle Flüge über Rheinland-Pfalz haben die Designer bislang programmiert. Durch das Mittelrheintal zum Beispiel oder über die Pfalz hinweg. Über Straßen, an Flüssen entlang und vorbei an Burgen und Schlössern, an unzähligen grauen Klötzen mit roten Dächern. Den Blick in Nachbars Garten können die Nutzer dabei nicht erhaschen. Das ist zwar nicht ganz so hübsch wie bei Google, aber Datenschutz ist dort ja bekanntlich eh so eine Sache. Im Internet  —Der 3-D-Viewer im Internet: www.rheinland-pfalz-in-3d.rlp.de —Weitere Eindrücke vom 3-D-Viewer in der RHEINPFALZ-App.

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