Rheinpfalz SPD fordert „Dampf in Flüchtlingspolitik“

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LUDWIGSHAFEN (nob). Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die Bundesregierung aufgefordert, Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zügig umzusetzen und für schnellere Asylverfahren zu sorgen, um die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen. Dies sei notwendig, um das Vertrauen verunsicherter Menschen in den Staat zurückzugewinnen, sagte Dreyer, die zugleich Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahl ist, gestern im RHEINPFALZ-Redaktionsgespräch.

Nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln habe sich viel verändert, so Dreyer. Bei vielen Menschen mache sich die Sorge breit, der Staat funktioniere nicht mehr. Solchen Ängsten gelte es entgegenzuwirken. Zum Beispiel sei Rheinland-Pfalz als nach wie vor einziges Bundesland dabei, alle ankommenden Flüchtlinge zu registrieren und ihre Fingerabdrücke zu nehmen. Im Grundsatz stellte sich Dreyer erneut hinter CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Deren Entscheidung Anfang September, in Ungarn festsitzende Flüchtlinge nach Deutschland zu lassen, sei richtig gewesen. Richtig sei auch die Suche nach einer europäischen Lösung der Flüchtlingskrise. Da müsse „jetzt mehr Dampf rein“. Grenzschließungen sind nach Meinung der Ministerpräsidentin keine Alternative: „Wir sollten Europa nicht riskieren.“ Mehr als die Hälfte der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsleistung gehe in den Export. Dreyer forderte die Kanzlerin auf, dafür zu sorgen, dass Beschlüsse schneller umgesetzt werden. Das gelte zum Beispiel für die Registrierung von Flüchtlingen gleich in Grenznähe oder für die Beschleunigung von Asylverfahren. Verweise auf Personalmangel will Dreyer dabei nicht gelten lassen. Auch Rheinland-Pfalz habe im vergangenen Herbst bei der Flüchtlingsaufnahme viel improvisieren müssen. Inzwischen habe das Land Personal umgeschichtet, um die Arbeit zu bewältigen. Dreyer wörtlich: „Wir haben uns organisiert. So muss es auch auf Bundesebene gehen.“ Dreyer forderte ein gemeinsames Konzept von Bund und Ländern für die Integration der Flüchtlinge. Dabei müsse auch über Geld, zum Beispiel für den Bau preiswerter Wohnungen gesprochen werden. Zur Äußerung der Kanzlerin, Deutschland erwarte, dass die Mehrheit der fremden Menschen das Land mit der Zeit wieder verlassen werde, sagte Dreyer: Sie habe keinen Zweifel, dass es so kommen werde. Umso mehr lohne sich die Integration, denn die Menschen sollten hier lernen, um als Rückkehrer ihr Land wieder aufbauen zu helfen. Nach den jüngsten Umfragen ist die politische Stimmung in Rheinland-Pfalz derzeit so, dass die CDU stärkste Kraft vor der SPD werden könnte. Für die rot-grüne Mehrheit könnte es knapp werden. Die Situation sei offen, sagte Dreyer. Die Wahl werde sich in der letzten Woche vor dem 13. März entscheiden. Ihr Ziel sei die Fortsetzung des rot-grünen Bündnisses. Auch vor der vorangegangenen Wahl habe es lange Zeit nicht so ausgesehen, als könnte die SPD stärkste Fraktion im Landtag werden. Zur Innenpolitik und zur Forderung der Opposition nach mehr Polizisten, sagte Dreyer. Natürlich werde es in den nächsten Jahren Aufgabe der Politik sein, die Polizeistärke der Sicherheitslage anzupassen. Auch die Anzahl der Lehrkräfte sei von der Regierung immer wieder den Notwendigkeiten angepasst worden. So sei der geplante Abbau von Lehrerstellen teilweise ausgesetzt worden, weil die Anzahl der Schüler weniger schnell sinke als vor Jahren prognostiziert. Zur geplanten zweiten Stufe der Kommunalreform, die vor allem auch die Landkreise und kreisfreien Städte betreffen wird, sagte die Regierungschefin: Mitte Februar werde das von allen drei im Landtag vertretenen Parteien angestrebte gemeinsame Gutachten in Auftrag gegeben. Mehr wolle sie zu dem Thema nicht äußern: „Wir werden die Reform zusammen mit den Kommunen gestalten.“ Zu zwei wichtigen Straßenprojekten in der Pfalz sagte Dreyer: Die SPD sei nach wie vor für den durchgängigen vierspurigen Ausbau der B 10 von Pirmasens bis nach Landau, ebenso für den Neubau einer zweiten Rheinbrücke bei Wörth. Sie wisse wie notwendig diese Brücke sei und welches Risiko es bedeute, dort auf eine einzige Rheinquerung angewiesen zu sein. Rheinland-Pfalz treibe die Planungen voran, jetzt seien der Bund und Baden-Württemberg an der Reihe. Zum strittigen Thema Windräder im Pfälzerwald sagte die Ministerpräsidentin: Es werde keine Anlagen geben, die den Status des Pfälzerwaldes als Biosphärenreservat geben. Als wichtige Vorhaben im Falle ihrer Wiederwahl nannte Dreyer die Einführung eines Meisterbonus. Menschen, die den Meisterbrief machen wollen, sollen einen Ausgleich für die anfallenden Gebühren bekommen. Pflegemanager sollen künftig jungen Familien helfen, die Pflege bedürftiger Angehöriger zu organisieren. Außerdem verspricht die Ministerpräsidentin landesweit 1000 Hotspots für den kostenlosen öffentlichen Internetzugang. Info —Bisher waren diese Spitzenkandidaten in der RHEINPFALZ-Redaktionskonferenz zu Gast: Jochen Bülow (Linke), Ausgabe vom 3. Februar. — „Wahlzeit“ heißt der Blog der RHEINPFALZ zur Landtagswahl: Täglich geben dort Redakteure Einblicke in ihre persönlichen Ein- und Ansichten zum Landtagswahlkampf: wahlzeit.rheinpfalz.de/

  • Im Porträt: Malu Dreyer
  • Leser fragen - Spitzenkandidaten antworten
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