Kusel Haus Sauvage: Stadt will Bürger einbinden

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„Stadtentwicklung funktioniert nur mit den Bürgern – und im Interesse der Bürger“: Gemäß dieses Leitgedankens will Kusels Stadtbürgermeisterin Ulrike Nagel nicht auf einen Abriss des Hauses Sauvage pochen. Bevor der Bagger anrollt, soll die Sache noch mal ganz genau beleuchtet werden. Das sieht der gesamte Stadtrat so, wie sich in der Sitzung am Freitagabend gezeigt hat. Das Gremium zeigt sich offen – allerdings bleibt ein hohes Maß an Skepsis bestehen.

Die Stadtbürgermeisterin hatte das Thema eigens aufs Tapet der Sitzung gebracht. Im Zuge eines geplanten Verkaufs des Anwesens hatte die Stadt die Karte „Vorkaufsrecht“ gezogen, das Haus erwerben und abreißen wollen. Nachdem die RHEINPFALZ über den geplanten Abriss des Häuschens mit der markanten Fassade berichtet hatte, war eine öffentliche Diskussion entbrannt. Viele Bürger, auch Menschen aus anderen Landkreis-Gemeinden, hatten Unverständnis, teils gar Empörung geäußert, den Erhalt des Hauses gefordert (wir berichteten ausführlich). Ulrike Nagel sprach von Briefen, die sie erhalten, und Gespräche, die sie geführt habe. Und die weit überwiegende Zahl derer, die sich an sie gewandt hatten, wünschten den Erhalt des Anwesens. Dem Wunsch der Bürger wolle man sich nicht komplett verschließen und deshalb die Angelegenheit noch mal gründlich abklopfen. „Abgerissen ist schnell, dann ist es zu spät“, sagte die Stadtbürgermeisterin. Es gebe durchaus Beispiele dafür, wie gut sich sanierte alte Bausubstanz im Stadtbild mache – wie das „Haus der Diakonie“ zeige. Beim Haus Sauvage aber stellt sich eben ein großes Problem: Angeblich will ja der Kaufinteressent das Anwesen sanieren. „Die Botschaft hör ich gern – allein es fehlt der Glaube“: So etwa ließe sich die Skepsis beschreiben, die die Stadtratsmitglieder in dieser Sache nicht loslässt, allen Bürger-Wünschen zum Trotz. Und: Verzichtet die Stadt auf ihr Vorkaufsrecht, hat sie keinerlei Möglichkeit, eine Sanierung zu fordern. Belasse ein neuer Eigentümer – trotz aller Versprechungen – das Haus in seinem maroden Zustand, seien der Stadt die Hände gebunden. Eine Sanierung sei jedenfalls nicht einzufordern, auch keine rechtlich bindende Vereinbarung in dieser Richtung zu treffen. Das Thema taugte im Rat zu einer regen Diskussion, die allerdings keinesfalls kontrovers geriet. „Wir sollten uns das Konzept vorlegen lassen“, plädierte CDU-Sprecher Ulrich Ernst dafür, nun einen Schnellschuss zu vermeiden und stattdessen die Sanierungspläne des Kaufinteressenten unter die Lupe zu nehmen. „Wenn er uns keine gibt, wissen wir, er hat keine.“ SPD-Sprecher Rüdiger Falk bekundete, er könne mit einem Abriss leben, ein saniertes Haus sei ihm ebenfalls recht, das sei sogar wünschenswert. Unangenehm sei ihm allerdings die Vorstellung, dass auch in den nächsten Jahren, gar Jahrzehnten nichts passiere, das Haus vor sich hingammele. „20 Jahre ist an dem Haus nichts passiert. Wenn die Lage doch so toll und alles so schön ist, frage ich mich: warum?“, verdeutlichte Falk. Diese Bedenken unterstrich Eckhard Steuer (Grüne): Er drängte darauf, dass man bald zu einem Entschluss kommen müsse, denn falls ein Abriss komme, dann solle dieser auf alle Fälle noch während der Erneuerung der Fußgängerzone über die Bühne gehen. Steuer forderte indes: „Wir sollten mal reingehen und uns das Haus genau anschauen, uns die Ernsthaftigkeit des Sanierungsvorhabens darstellen lassen.“ Steuers Vorschlag, dass mit Blick auf die stadtbildprägenden Fassade vielleicht die Stadt selbst die Sanierung übernehmen könne, falls der Kaufinteressent das nicht leisten wolle oder könne, erteilte die Stadtbürgermeisterin allerdings eine Absage: Das sei rechtlich gar nicht möglich. Die Stadt habe die Option Vorkaufsrecht mit der Begründung ziehen wollen, dass die Fußgängerzone an jener Stelle durch eine gestaltete Freifläche aufzuwerten sei. Man könne nun nicht umschwenken und sagen: „Wir sanieren das Haus selbst.“ Also: entweder kaufen und abreißen – oder auf das Vorkaufsrecht verzichten. Immer wieder zu hören im Zuge der Diskussion: So schön auch die Fassade sei, der Blick rechts und links zeige Schattenseiten. Unkraut wuchere, das Haus sei längst bewohnt – von einer stattlichen Ratten-Population. Genährt wird die Skepsis von dem Umstand, dass sich der Kaufinteressent bis heute weder an die Stadtspitze noch an den Sanierungsberater gewandt habe, um sich näher zu erklären oder nach Fördermitteln zu fragen. Das ließ Jochen Koch (CDU) zu der Vermutung kommen, dass der Kaufinteressent wohl nur an einer Vermietung Interesse habe. Deshalb werde womöglich nur das Nötigste erneuert, dann vermietet – und in zwei Jahren habe sich die Sache bezahlt gemacht. Auch ohne aufwendige Sanierung. Dass der Rat nun abwägen müsse, ob das Haus saniert werden darf oder ob es nicht besser im Zuge der „Stadtreparatur“ abgerissen werde, erläuterte Stadtplaner Roland Kettering, der auch noch mal die Vorzüge eines Abrisses und die damit verbundenen Gestaltungsideen vor Augen führte. Der Rat kam überein, nicht auf den Abriss zu drängen, sondern den Abwägungsprozess neu in Gang zu bringen. Dabei sollen auch die Bürger eingebunden werden. Wie genau – das gelte es noch zu überlegen, sagte Nagel. |cha

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